Slovensko

Wirtschaftsstruktur

Slowakei: Starker Fokus liegt auf dem Fahrzeugbau

Die Slowakei hat eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte geschrieben. Außer dem Kfz-Sektor entwickeln sich die Bereiche Elektronik, Logistik und Software gut. Ein Problem bleibt das West-Ost-Gefälle.

Sektoren: Überdurchschnittlich hoher Anteil der Industrie an Wertschöpfung

Die Industrie bleibt ein entscheidender Wirtschaftsfaktor in der Slowakei. Fast ein Viertel der Wertschöpfung entfällt auf das verarbeitende Gewerbe. Dazu trägt vor allem die Automobilindustrie bei. Außerdem ist die Slowakei ein wichtiger Standort für Hersteller von Elektronikgeräten (Samsung, Foxconn).

Dynamisch entwickelt sich auch der Dienstleistungssektor. Der Anteil der Softwareherstellung an der Wertschöpfung hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt und liegt inzwischen bei fast 2 Prozent. Bratislava und Kosice sind außerdem beliebte Standorte für internationale Konzerne, um zentrale Dienstleistungsprozesse auszulagern (Shared Service Center).

Eine schwache Performance zeigte in den letzten Jahren die Bauwirtschaft. Von 2009 an schrumpfte die Branche sechs Jahre in Folge. Erst seit 2017 verzeichnen die Baufirmen wieder höhere Wachstumsraten.

Über viel Potenzial verfügt der Energiesektor. Die Slowakei ist ein bedeutendes Transitland für Gas. Neue Pipelineprojekte sind geplant, unter anderem ein Anschluss an die polnischen Flüssiggasterminals. Der Ausbau des Kernkraftwerks Mochovce steht kurz vor der Fertigstellung, wodurch das Land langfristig zum Stromexporteur werden soll.

Verarbeitendes Gewerbe: Automobilindustrie dominiert

Mit rund 190 Fahrzeugen pro 1.000 Einwohner hat die Slowakei die größte Pro-Kopf-Produktion an Pkw weltweit. Dieser Wert wird sich durch den Start der Jaguar-Fabrik im Herbst 2018 weiter vergrößern. Nach Schätzungen des Automobilverbandes ZAP SR werden 13 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in der Fahrzeugindustrie generiert. Der Bedarf der Autoindustrie lässt die zuliefernden Industriesektoren wie Kunststoff- und Gummiherstellung oder die Metallverarbeitung wachsen. Das Stahlwerk von U.S. Steel in Kosice zählt zu den größten Arbeitgebern im Land.

Zu den wichtigen Industriezweigen gehört außerdem der Maschinenbau. Seine Bedeutung für die Wirtschaftsleistung der Slowakei hat seit dem Beitritt zur Europäischen Union (EU) zugenommen - dank der Nachfrage aus der Autoindustrie. Wichtige ausländische Investoren sind INA/Schaeffler (Wälzlager), Embraco (Kompressoren und Kondensatoren), Protherm und Vaillant (Heiztechnik). Zu den einheimischen Unternehmen gehören Waggonbauer Tatravagonka, Matador (Metallbearbeitungsmaschinen) und SES Tlmace (Dampfkessel).

Dienstleistungen: Software, Logistik und Tourismus mit viel Potenzial

Der Dienstleistungssektor trägt fast zwei Drittel zur Wirtschaftsleistung der Slowakei bei. Der Anteil wird weiter steigen, denn seine Branchen entwickeln sich überdurchschnittlich gut. Vor allem der IT-Sektor gilt als Zukunftsbranche. Im Umfeld der Technischen Universitäten in Bratislava und Kosice entstehen viele Start-ups, die sich auf Smartphone-Apps, Spieleprogrammierung oder 3D-Modellierung spezialisiert haben.

Der Groß- und Einzelhandel profitiert derzeit von den steigenden Einkommen und der guten Lage am Arbeitsmarkt. Im 1. Halbjahr 2018 stiegen die Umsätze im Einzelhandel um rund 4 Prozent.

Hohes Wachstum verzeichnet außerdem der Fremdenverkehr. Die Zahl der Touristen legte 2017 um 7 Prozent auf 5,4 Millionen zu. Eine Umsatzsteuersenkung für Hotels und steuervergünstigte Tourismus-Voucher für Beschäftigte sollen die Branche vorantreiben.

An Bedeutung gewinnt der Logistiksektor, weil die Slowakei aufgrund der Lage und der vorhandenen Flächen ein interessanter Standort für große Warenlager ist. Die Lagerwirtschaft erzielt bereits mehr Wertschöpfung als der Maschinenbau.

Regionen: Personalmangel im Westen könnte regionales Gefälle verringern

Die Slowakei kennzeichnet weiterhin ein starkes West-Ost-Gefälle. Über ein Viertel des BIP wird im Bezirk Bratislava erzeugt. Hinsichtlich des BIP pro Kopf liegt die Region in der EU auf Platz 6 (2016 nach Kaufkraftparitäten, laut Eurostat), noch vor Oberbayern, Paris oder Stuttgart. Die Wirtschaftskraft der übrigen sieben Bezirke ist relativ ausgeglichen und beträgt jeweils rund ein Zehntel des BIP.

In Bratislava haben fünf der zehn umsatzstärksten Unternehmen der Slowakei ihren Sitz. Die Stadt ist Finanz-, Handels- und Logistikzentrum des Landes. Wegen der guten Verdienstmöglichkeiten lockt sie außerdem Talente aus anderen Regionen an.

Ein Grund für das regionale Gefälle ist auch die unzureichende Infrastrukturanbindung des slowakischen Ostens. Bis zur Fertigstellung der Autobahn D1 zwischen Bratislava und Kosice werden noch einige Jahre vergehen. Dennoch entwickeln sich die östlichen Regionen weiter, weil dort mehr Personal zu finden ist als in den Wirtschaftszentren der Westslowakei. Kosice gilt neben Bratislava als zweites IT-Zentrum des Landes.

Autor: Gerit Schulze (August 2018)

Bildnachweis: Pond5.com
Erstellt am: 26.02.2020, aktualisiert am: 26.02.2020
Themen: